#AugsburgArtists: Sophie Te – Teil 2

Im ersten Teil des Interviews hat uns Graffiti-Künstlerin Sophie Te erzählt, wer sie ist, was sie inspiriert und wie ein Tag in ihrem Leben für gewöhnlich aussieht. Im zweiten Teil des Interviews erzählt sie uns, wie sie zur Kunstform Graffiti kam und weshalb Augsburg perfekt ist für ihre Kunst.

Wie bist du zum Sprayen gekommen?

Ich bin auf dem Land aufgewachsen und deshalb viel Zug gefahren. Je mehr man sich in Richtung Großstadt bewegt, umso verdichteter wird die Umgebung. Im Optimalfall ist es alles gar nicht so grau, sondern bunt, urban und das Gegenteil von Traktoren. Später, als ich in der Großstadt zur Schule ging, habe ich viel Zeit auf dem Weg zwischen Land und Stadt gelassen, Graffitis haben mich hier immer begleitet. Irgendwann schaust du es an, siehst den Code und es spricht mit dir. Da stecken Persönlichkeiten dahinter, die dieses Stück Stadt für sich nutzen. Das ist keine Werbung, sondern ein Ausdruck, den die Künstler in die Stadt setzen. Ich finde, das ist eine unglaubliche Gestaltungskraft, das hat mich immer begeistert. Mit Graffitis kann ich sehr große Flächen sehr schnell gestalten, das ist ein faszinierender Vorgang.

Hast du in deinen Anfängen auch mal illegal gesprayt?

Graffiti illegal vs. legal? Eine Frage, mit der ich mich heute gar nicht mehr auseinandersetze. Erstens, weil ich in Augsburg die perfekte Infrastruktur für legales Sprayen habe. Vor allem durch den Graffiti-Verein die Bunten haben wir hier tausende von Quadratmetern legale Flächen, die mir heutzutage reichen. Der Akt der Rebellion muss im Bildgeschehen selbst sein.

Du hattest eingangs auch die sogenannten Schwabenwände erwähnt. Was hat es damit auf sich?

Die Schwabenwände sind legale Sprühflächen, bei denen jeder, der bestimmte Regeln beachtet, hingehen und sie bemalen kann. Wichtig ist hier vor allem der Respekt. Als Graffiti-Künstler übermalt man nur andere Kunstwerke, wenn man denkt, dass man es selbst besser kann. Wer neu ist, darf sich an einer Kante austoben. Die großen Wände sind den Kings und Queens reserviert. Hier hat die Sprüherszene ihre Regeln.

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Warum bist du gerade in Augsburg mit deiner Kunst Zuhause, und nicht anderswo, z.B. in Berlin?

In meinen frühen Zwanzigern hab ich in Berlin gelebt, das war damals eine super Erfahrung und natürlich auch sehr anstrengend. Weitere Lebensstationen waren ein Erasmusstudium in Caldas da Rainha (Portugal) und Wien. Ich bin sehr froh, an diesen Orten gelebt zu haben, aber ein vielverzweigtes Netzwerk, ein Zuhause und  optimale Lebensbedingungen habe ich in Augsburg gefunden. Ich schätze es, viele Menschen zu kennen und diesen spontan auf der Straße oder auf Partys, Jams und Ausstellungen zu begegnen. Gemeinsame Projekte ergeben sich hier ganz unkompliziert, indem man eine Lebenswelt teilt. Außerdem punktet Augsburg bei mir dadurch, dass ich (fast) alles mit dem Fahrrad erledigen kann und nur kurze Strecken zurücklegen muss, um direkt im Wald zu stehen oder mitten im See zu schwimmen.

Gibt es ein Lieblingswerk von dir? Oder umgekehrt: ein Werk, das dir aus deiner Sicht misslungen ist?

Misslungen nicht wirklich. Wenn etwas nicht passt, ist es nicht verloren, man lässt es trocknen und malt wieder darüber. Die Werke leben auch nicht ewig. Ständig kommt jemand und übermalt es. Auch ein Lieblingskunstwerk gibt es für mich nicht wirklich. Kunst braucht den Moment, die Vielfalt, eine Verortung, einen Ausdruck, einen Stil etc. Es wäre sehr schade, wenn nur ein Werk dauerhaft den Status genießen würde, all diese Faktoren auf gelungenste Weise für den Augenblick seiner Betrachtung zu vereinen.

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Wo in Augsburg findet man in Kunst von dir?

Um ein paar Beispiele zu nennen: In der Unterführung bei der Roten-Tor-Schule befindet sich die "Bayernlorelei". Sie ist zum Jubiläum des Erasmusaustauschprogramms 2017 entstanden. An der Haltestelle Messe gibt es außerdem ein von mir bemaltes Häuschen der swa aus dem Jahr 2018. Darüber hinaus ist aktuell ein Virtual-Reality-Werk von mir in der Ausstellung "Augsburg 2040 – Utopien einer vielfältigen Stadt" im Textil- und Industriemuseum (tim) zu sehen. Wer möchte, kann mich auch jederzeit in meinem Atelier beim Raumpflegekulturverein e.V. im Provino Club, mitten im Textilviertel, besuchen.

Du rappst ja auch. Graffiti und Rap – wie passt das zusammen? Ist beides für dich Ausdruck deiner Kunst?

Man könnte sagen, es ist Text und Bildgestaltung. Bei mir kommt es aus einem Hip-Hop-Background. Mit 13 Jahren habe ich mich in die Kultur verliebt. Diese ganze Bewegung hat mich fasziniert. Ich habe es total positiv erlebt, kein Gangster-Rap oder Drogen, sondern tanzen und Sprechgesang. Wahrscheinlich ist es erstmal total peinlich für mein Kind, wenn ich als Mutti sprühe und rappe [Anmerkung d. Redaktion: Sophie hat ihren Sohn Julian mittlerweile zur Welt gebracht und beiden geht es gut]. Aber ich bin positiv. Hip-Hop und ich, das ist eine super Geschichte.

Foto: swa / Caroline Reili

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